Phytate - Freund oder Feind? +4 Tipps für mehr Bioverfügbarkeit

Phytate - Freund oder Feind? +4 Tipps für mehr Bioverfügbarkeit

Phytate, auch bekannt als Phytinsäure, sind einzigartige Verbindungen, die in der Natur vorkommen und vor allem in Pflanzensamen zu finden sind. Sie speichern die mineralischen Phosphorreserven in Pflanzen und spielen eine wesentliche Rolle im Stoffwechsel der Pflanze. Chemisch gesehen gehören Phytate zur Gruppe der Inositolhexaphosphorsäuren und sind damit komplexe organische Säuren. 


Die Bedeutung der Phytate für den menschlichen Körper ist vielschichtig. Einerseits haben sie antioxidative Eigenschaften, die in der Prävention von Krankheiten eine Rolle spielen können. 


Andererseits binden sie Mineralien wie Eisen, Zink und Calcium, was die Aufnahme dieser wichtigen Nährstoffe im Körper beeinträchtigen kann. 


Diese ambivalente Eigenschaft von Phytaten – sowohl nützlich als auch potentiell hinderlich – macht sie zu einem interessanten Thema in der Ernährungswissenschaft

In welchen Lebensmittel kommen Phytate vor?

Phytate sind hauptsächlich in pflanzlichen Lebensmitteln zu finden, insbesondere in solchen, die reich an Ballaststoffen sind. Hier sind einige der wichtigsten nährstoffreichen Quellen für Phytate:


  • Getreide: Phytate kommen in fast allen Getreidesorten vor, einschließlich Weizen, Hafer, Roggen und Gerste. Besonders hohe Konzentrationen finden sich oft in den äußeren Schichten der Getreidekörner, also in Vollkornprodukten.
  • Hülsenfrüchte: Bohnen, Linsen, Erbsen und andere Hülsenfrüchte enthalten ebenfalls erhebliche Mengen an Phytaten. Diese Lebensmittel sind nicht nur für ihren hohen Proteingehalt bekannt, sondern auch für ihren Phytatgehalt.
  • Nüsse und Samen: Nüsse wie Mandeln, Walnüsse und Cashewkerne sowie Samen wie Sesam, Sonnenblumenkerne und Kürbiskerne sind ebenfalls reiche Phytatquellen.
  • Pseudogetreide: Quinoa, Amaranth und Buchweizen, die oft als glutenfreie Getreidealternativen verwendet werden, enthalten ebenfalls Phytate, obwohl sie botanisch gesehen keine echten Getreide sind.
  • Bestimmte Gemüsesorten: Einige Gemüsesorten, insbesondere solche mit dunklen Blättern wie Spinat, enthalten ebenfalls Phytate, wenn auch in geringeren Mengen als Getreide, Hülsenfrüchte und Nüsse.

Wichtig: Der Phytatgehalt in Lebensmitteln kann je nach Sorte, Anbauweise und Verarbeitung stark variieren. Zum Beispiel kann der Phytatgehalt durch Verarbeitungsmethoden wie Einweichen, Keimen und Fermentieren deutlich reduziert werden. Mehr dazu später.  Es ist daher unmöglich, die tägliche Phytatzufuhr genau zu erfassen.

Was bewirken Phytate?

Phytate sind in der Ernährungswissenschaft ein Thema mit vielen Facetten. Sie haben sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit, was sie zu einem interessanten Forschungsgebiet macht.

Vorteile 

  • Antioxidative Wirkung: Phytate haben antioxidative Eigenschaften, die dazu beitragen können, Zellschäden durch freie Radikale zu verhindern. Diese antioxidative Wirkung kann eine Rolle bei der Prävention von verschiedenen Krankheiten, einschließlich Krebs, spielen. 
  • Prävention von Nierensteinen: Es gibt Hinweise darauf, dass Phytate die Bildung von Nierensteinen reduzieren können, indem sie die Kristallbildung im Urin hemmen. 
  • Schutz gegen Herzkrankheiten: Einige Studien deuten darauf hin, dass Phytate eine Rolle bei der Senkung des Cholesterinspiegels spielen und somit das Risiko von Herzkrankheiten verringern können. 
  • Schutz gegen Osteoporose: Eine interessante Erkenntnis aus jüngsten Studien ist die potenzielle Rolle von Phytaten bei der Prävention von Osteoporose. Die Ergebnisse zeigen, dass die Knochendichte mit zunehmendem Phytatkonsum ansteigt. Eine Regressionsanalyse deutete darauf hin, dass Körpergewicht und geringer Phytatkonsum die Risikofaktoren mit dem größten Einfluss auf die Knochendichte sind.

Nachteile 

  • Mögliche Beeinträchtigung der Verdauungsenzyme: Phytate können die Aktivität einiger Verdauungsenzyme wie Pepsin und Amylase hemmen, was die Verdauung beeinträchtigen kann.
  • Einfluss auf den Proteinmetabolismus: Es gibt auch Hinweise darauf, dass Phytate die Proteinverdaulichkeit reduzieren können, indem sie mit bestimmten Proteinen interagieren.
  • Reduzierte Mineralstoffaufnahme: Der wohl bekannteste Nachteil von Phytaten ist ihre Fähigkeit, bestimmte Mineralstoffe zu binden. Diese Bindung kann die Absorption dieser Mineralien im Darm verringern, was bei einer unausgewogenen Ernährung zu Mangelerscheinungen führen kann. Mehr dazu im folgenden Abschnitt!

Welche Mineralstoffe werden durch Phytate schlechter aufgenommen?


Phytate haben die Eigenschaft, bestimmte Mineralstoffe zu binden, was ihre Absorption im menschlichen Körper beeinträchtigt. Die wichtigsten Mineralstoffe, die von Phytaten betroffen sind, umfassen:


Eisen: Phytate bilden mit Eisen komplexe Verbindungen, die schwer löslich sind. Dies reduziert die Verfügbarkeit von Eisen für die Absorption im Darm, was insbesondere bei einer auf pflanzlichen Lebensmitteln basierenden Ernährung zu Eisenmangel führen kann. Denn Eisen ist nicht gleich Eisen. Pflanzliche Lebensmittel enthalten Nicht-Häm-Eisen, dessen Bioverfügbarkeit im Vergleich zu Häm-Eisen stärker durch Phytate beeinträchtigt wird.


Zink: Ähnlich wie Eisen bilden Phytate mit Zink unlösliche Komplexe, wodurch die Aufnahme von Zink im Darm vermindert wird. Zink ist für eine Vielzahl von Körperfunktionen wichtig, einschließlich Immunfunktion und Wundheilung. 


Calcium: Phytate können auch die Aufnahme von Calcium beeinträchtigen, einem Mineralstoff, der für die Knochengesundheit essentiell ist.


Magnesium: Magnesium, ein weiteres wichtiges Mineral, das an zahlreichen Körperfunktionen beteiligt ist, kann ebenfalls durch Phytate in seiner Absorption gehemmt werden

Wie kommt dieser Effekt zustande?

Der Hauptmechanismus, durch den Phytate die Mineralstoffaufnahme beeinträchtigen, liegt in ihrer Fähigkeit, mit diesen Mineralien Chelatkomplexe zu bilden. Diese Komplexe sind unter normalen Bedingungen im menschlichen Verdauungssystem schwer löslich, was bedeutet, dass die Mineralien nicht effizient in die Blutbahn aufgenommen werden können.


Die Stärke der Bindung zwischen Phytaten und Mineralstoffen hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter der pH-Wert im Darm und die Anwesenheit anderer Substanzen, die entweder die Bindung verstärken oder hemmen können. Zum Beispiel kann die Anwesenheit bestimmter Vitamine und anderer Säuren die Verfügbarkeit von an Phytate gebundenen Mineralien verbessern


Tipps, um diesen Effekt zu reduzieren?

  1. Optimiere die Mineralstoffaufnahme mit diesen Lebensmitteln

Der Verzehr von Lebensmitteln wie Knoblauch und Zwiebeln kann helfen, die Bioverfügbarkeit von Eisen und Zink in pflanzlichen Lebensmitteln zu erhöhen. Diese Nahrungsmittel enthalten bestimmte Verbindungen, die die Aufnahme dieser Mineralstoffe fördern. Auch β-Carotin (Vitamin A) verbessert auch die Eisenabsorption und kann bis zu einem gewissen Grad die Wirkung verschiedener Hemmstoffe wie Phytate verringern.

  1. Reduziere den Phytatgehalt in deinen Lebensmitteln

Folgende Prozesse reduzieren den Anteil an Phytaten und können zugleich andere gesundheitsfördernde Verbindungen potenzieren.


  • Einweichen: Getreide und Hülsenfrüchte werden oft über Nacht in Wasser eingeweicht, um ihren Phytatgehalt zu reduzieren. Dieser Prozess aktiviert Enzyme, die Phytate abbauen.
  • Keimen: Das Keimen von Samen, Getreide und Hülsenfrüchten, auch als Keimung bekannt, führt zum Abbau von Phytaten. Während des Keimungsprozesses werden Enzyme aktiviert, die Phytate abbauen. Gerade bei Hülsenfrüchten ist dies empfehlenswert.  Alles, was du benötigst, ist etwas Wasser und Ze! . Bei Linsen zum Beispiel lässt sich so der Phenolgehalt um 122 % erhöhen. Diese Phenole haben antioxidative, entzündungshemmende, krebshemmende und antallergene Eigenschaften.
  • Fermentieren: Organische Säuren, die während der Fermentierung entstehen, fördern den Abbau von Phytaten. Die Milchsäurefermentation, wie bei der Herstellung von Sauerteig, Kimchi oder Sauerkraut, ist hierbei eine bevorzugte Methode. Man kann jedoch so gut wie jedes Gemüse fermentieren und benötigt dafür keine Rezepte.
  • 3. Getrennter Verzehr von phytatreichen und mineralstoffreichen Mahlzeiten

    Das ist im Alltag leichter gesagt als getan, aber man kann versuchen, Mahlzeiten, die reich an Phytaten sind (wie Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte), zeitlich von Mahlzeiten zu trennen, die hohe Mengen an Eisen, Zink und anderen betroffenen Mineralstoffen enthalten. Zum Beispiel könnten Sie phytatreiche Lebensmittel zum Frühstück und mineralstoffreiche Lebensmittel zum Mittag- oder Abendessen zu sich nehmen.

    1. Mit Nahrungsergänzungsmittelen auf Nummer sicher gehen

    Da man den Phytatgehalt und die Dauer der hemmenden Wirkung nur schwer bestimmen lässt. Könnte man eine adäquate Mineralstoffzufuhr mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln sicherstellen. Auch hierbei solltest du diese im Idealfall nicht während oder kurz nach einer phytatreichen Mahlzeit einnehmen.

    Fazit

    Phytate sind nicht schwarz oder weiß, gut oder böse. Sie sind das primäre Speichermolekül für alle Pflanzen. Sie sind Teil des Gesamtpakets und in gewissen Maßen im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung nicht wegzudenken. 


    Wenn man die zuvor erwähnten Tipps während des Alltags im Hinterkopf behält, kann man die Nachteile der Phytate stark eingrenzen und von ihnen trotzdem gesundheitlich weiterhin profitieren.

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